Aufmerksamkeit und Konzentration

Es fällt uns immer schwerer, uns zu konzentrieren. Die Anzahl der Reize, die tagtäglich auf uns einströmen sind vielfältig: Internet, Fernsehen, Radio, E-Mails, Freunde, Partner, Kinder, alle wollen unsere Aufmerksamkeit. Sind wir dieser Reizüberflutung hilflos ausgeliefert?

Störungen ausschalten, um sich konzentrieren zu können

Bevor wir uns einer möglichen Lösungsstrategie zuzuwenden, betrachten wir (1) zunächst die beiden Begriffe „Aufmerksamkeit“ und „Konzentration“. (2) Dann wird ein Modell vorgestellt, das vier Formen der Aufmerksamkeit unterscheidet. (3) Dieses Modell ist Ausgangspunkt für eine Konzentrationsübung: die Aufmerksamkeitsumlenkung.

Was bedeuten Aufmerksamkeit und Konzentration?

Wenn wir die Vielzahl der auf uns einwirkenden Reize mehr oder weniger bewusst ausschalten, dann werden wir aufmerksam. Das können Sie zum Beispiel durch Abschalten des Fernsehers oder Stummschalten des Handys erreichen. Das ist auch vergleichbar mit einer Taschenlampe, die Sie in der Dunkelheit einschalten. Sie sehen dann nur den Bereich, der vom Lichtkegel der Taschenlampe beleuchtet wird. 

Die Konzentration bezeichnet eine gesteigerte Form der Aufmerksamkeit, bei der Sie sich auf einen engen Ausschnitt des möglichen Wahrnehmungsumfanges „konzentrieren“, was Eingrenzung und Intensität anfasst. Auch diesen Sachverhalt können Sie sich am Beispiel der Taschenlampe verdeutlichen, bei der Sie zwei Stufen der Helligkeit einstellen können:

Stufe 1 – die Strahlen werden gebündelt, so dass ein kleiner Ausschnitt hell ausgeleuchtet werden kann (= Konzentration);

Stufe 2 –  die Strahlen werden weiter gestreut, so dass ein größerer Ausschnitt ausgeleuchtet werden kann, allerdings nicht mehr so deutlich wie bei Stufe 1 (= Aufmerksamkeit).

Formen der Aufmerksamkeit

Der amerikanische Sportpsychologe Robert Nideffer (1976) hat diese Unterscheidung von Konzentration (Aufmerksamkeit wird verengt) und Aufmerksamkeit (Konzentration wird erweitert) aufgegriffen und um eine weitere Perspektive ergänzt. Er unterscheidet neben der Intensität der Aufmerksamkeit auch die Richtung der der Aufmerksamkeit:

(1) weit – eng: Wenn wir uns einen Überblick über eine Gesamtsituation verschaffen wollen, lenken wir unseren Fokus auf einen weiten Bereich. Sind uns dagegen Details besonders wichtig, konzentrieren wir uns nur auf einen engen Ausschnitt (= Intensität der Aufmerksamkeit).

(2) außen – innen: Der Fokus der Aufmerksamkeit ist entweder auf nach außen, also auf die Umwelt, gelenkt oder sie richtet sich nach innen auf den eigenen Körper (Richtung der Aufmerksamkeit). 

Formen der Aufmerksamkeit (nach Nideffer, 1976)

Kombiniert man die Möglichkeit der weiten und der engen Aufmerksamkeit mit der nach innen und nach außen gerichteten Perspektive, erhält man vier verschiedene Formen der Aufmerksamkeit:

außen – weit: Wenn Sie sich in einer Umgebung noch nicht so gut auskennen und Sie sich vielleicht erst orientieren möchten, dann wählen Sie diese Form der Aufmerksamkeit. Sie erhalten auf diese Weise einen relativ guten Überblick von der gesamten Situation. 

außen – eng: Diese Form der Aufmerksamkeit wählen Sie, wenn Sie bestimmte Objekte oder Personen sehr genau ins Auge zu fassen wollen. 

innen – weit: Sie richten Ihre Aufmerksamkeit nach innen, indem Sie sich ein allgemeines Bild von Ihrer momentan Befindlichkeit machen.   

innen – eng: Bei dieser Form der Aufmerksamkeit betrachten Sie ganz bestimmte Körperbereiche beziehungsweise körperliche oder psychische Prozesse.

Wie kann ich meine Konzentration trainieren?

In Leistungssituationen, zum Beispiel beim Sport treiben, in einem Vorstellungsgespräch oder bei einem Vortrag, gibt es eine Vielzahl von Reizen, die auf uns einströmen und die sich ständig ändern. Um einen optimalen Handlungsablauf und ein gutes Handlungsergebnis zu erzielen, reicht es nicht aus, einmal eine der vier Aufmerksamkeitsformen zu wählen und diese die gesamte Zeit beizubehalten. Sie müssen in der Lage sein, je nach gestellter Aufgabe, zwischen den verschiedenen Formen der Aufmerksamkeit zu wechseln. 

Zwischen Aufmerksamkeit und Konzentration wechseln

Dies können Sie trainieren, indem Sie sich eine bestimmte Situation vorstellen und im Geiste die verschiedenen Formen der Aufmerksamkeit durchspielen.

Übung 1:

Setzen Sie sich bequem in einen Stuhl, und schließen Sie die Augen. Versetzen Sie sich nun in eine beliebige Leistungssituation, zum Beispiel in die Situation eines Redner vor einem großen Publikum. 

Nehmen Sie zunächst den großen Raum und die vielen Zuhörerinnen und Zuhörer wahr (Aufmerksamkeitsform: außen – weit), und lenken Sie danach die Aufmerksamkeit auf Ihr subjektives Befinden, indem Sie erkunden, wie Sie sich in dem Moment fühlen (Aufmerksamkeitsform: innen – weit). Im nächsten Schritt konzentrieren Sie sich nur auf Ihre Atmung (Aufmerksamkeitsform: innen – eng) und wenden dann Ihre Konzentration auf den Text Ihres Manuskripts, das vor Ihnen liegt (Aufmerksamkeitsform: außen – eng). Wechseln nun in beliebiger Reihenfolge die Aufmerksamkeit von innen nach außen und von eng nach weit. 

Übung 2:

Wenn Sie dieses beliebige Umlenken der Aufmersamkeit beherrschen, dann können Sie sich überlegen und notieren, wann für Sie vor, während und nach einer Leistungssituation welche Form der Aufmerksamkeit optimal ist. Gehen Sie diese Leistungssituation mit dem Wechsel der Aufmerksamkeitsformen im Kopf durch, optimieren Sie die Aufmersamkeitslenkung, und versuchen Sie, das mental Eintrainierte später in der Praxis umzusetzen und gegebenfalls wieder anzupassen.

Video auf YouTube anzeigen

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen